Interview mit Bestatter Fabian Piepenstock: „Transparenz für die Angehörigen ist mir persönlich sehr wichtig“

Ein alteingesessener Familienbetrieb mit einer angenehm offenen und modernen Ausrichtung. Das Beerdigungsinstitut Feldhaus KG in Haan geht gerade in die vierte Generation über und kann nächstes Jahr auf 90 stolze Jahre Firmengeschichte zurückblicken. Ein Vertreter der neuen Generation und treibende Kraft, wenn es um das Vorantreiben neuer Projekte und der Einführung neuer digitaler Errungenschaften geht, ist der junge Bestatter Fabian Piepenstock. Er setzt sich für mehr Transparenz in der Branche und einen offenen Umgang mit den Hinterbliebenen ein.

Durch einen gemeinsamen Kontakt haben wir die Bekanntschaft mit dem jungen Bestatter aus dem Bergischen Land gemacht. Da die Chemie gleich zu Anfang stimmte und wir auf beiden Seiten Synergie-Effekte ahnten, haben wir Fabian kurzerhand für zwei Tage nach Hamburg eingeladen. Die Chance mit ihm ein Interview zu führen, haben wir uns natürlich nicht entgehen lassen.

In Familienbetrieben scheint der Weg oft vorgezeichnet. Wann war dir klar, dass du Bestatter werden möchtest?

Während meiner Kindheit und frühen Jugend war ich eher etwas abgeschreckt von dem Beruf des Bestatters. Ein Grund dafür war vermutlich, dass der Bestattungsbetrieb meiner Eltern und unsere Wohnräume im selben Haus liegen. Dadurch gab und gibt es kaum eine Trennung der beiden Bereiche. So bekam ich natürlich auch alle negativen Aspekte mit, die sich bei mir stärker einbrannten als die schönen Seiten des Berufes. Die lernte ich erst später kennen, als ich begann ab und zu im Familienbetrieb auszuhelfen.

Deshalb war ich mir als Jugendlicher ganz sicher, dass ich nicht direkt Bestatter werden wollte und das meinen Eltern auch ganz klar kommuniziert. Da ich keine Lust hatte erstmal Jahre lang in einem Hörsaal zu sitzen und überdies auch nicht gewusst hätte, was ich studieren wollte, habe ich nach dem Abi eine Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen angefangen.

Mit Ablauf der Probezeit kam ich Abends nach Haus und teilte meinen Eltern mit, dass ich gegangen war. An diesem Abend fragte mich mein Vater ganz direkt ob ich Bestatter werden wollte. Da sagte ich ja zu dem Beruf. Seit dem ich die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft angefangen habe, bis hin zu meiner gerade abgelegten Meisterprüfung habe ich meine Entscheidung nicht bereut.

 

Empfindest du die Zugehörigkeit zu einem Familienbetrieb als Fluch oder Segen?

Klar hat es viele Vorteile Teil eines funktionierenden Unternehmens zu sein. Der elterliche Betrieb bleibt einem als Bezugspunkt und Sicherheit. Überdies kann man über alles sprechen und es fällt einem leichter Emotionen zu teilen und mitzuteilen.

Natürlich hat es aber auch Nachteile mit der Familie zusammen zu arbeiten. Kritik und Gefühle können schlechter herunter geschluckt werden und man kann auch nicht so ohne weiteres gehen.

Als Quereinsteiger oder unabhängig selbstständig gemachter Bestatter ist man dafür auch ungebundener und freier in seinen Entscheidungen. Als Familienbetrieb in dritter Generation mit einem bekannten Namen steht man unter einem hohen Erwartungsdruck. Das fängt schon mit dem Namen an, mit dem bestimmte Erwartungen verbunden sind, und schließt auch die Ausrichtung des Betriebes mit ein. Umso wichtiger ist es, offen für Neues zu sein und nicht zu sehr an alten Traditionen festzuhalten. Dafür setze ich mich als junger Bestatter natürlich verstärkt ein.

 

Was hast du zur Zeit für freie Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf neue Projekte und Produkte in eurem Betrieb?

Zunächst habe ich immer die Freiheit ein neues Projekt anzufangen, sofern genug Zeit dafür ist. In meiner Freizeit natürlich sowieso. Am Ende kann es immer noch passieren, dass mein Vater sein „Veto“ einlegt, aber das passiert eher selten.

In der letzten Zeit habe ich viel Zeit dafür aufgewendet, die Mitgestaltung und Teilhabe der Angehörigen zu erhöhen. Zum Einen bei Schritten wie beim Arrangieren der Trauerfeier, der Gestaltung des Sarges etc.

Mir ging es aber vor allem um die Dokumentation und Einbeziehung der Angehörigen bei Schritten, bei denen sie nicht teilhaben konnten.

Das heißt, wir stellen ihnen im Nachgang noch mal alle „Arbeitsschritte“ und Dienstleistungen, die wir erbracht haben, in einer Art Portfolio inklusive Fotos der Trauerfeier etc. in digitaler Form zur Verfügung.

So haben die Hinterbliebenen zum einen noch mal alle Details und Erinnerungen an diesen Weg und können sie gegebenenfalls im Nachhinein noch mal aufarbeiten. Zum anderen aber auch vollen Einblick in die geleisteten Arbeitsprozesse. Diese Form der Sichtbarmachung und Transparenz für die Angehörigen, ist mir persönlich sehr wichtig.

Bestatter Fabian Piepenstock

Bestatter Fabian Piepenstock

Apropos Transparenz. Aktuell wird viel über Pro und Contra der unverbindlichen Preisempfehlung diskutiert. Wie ist deine persönliche Meinung dazu?

Wie schon gesagt, finde ich Transparenz für unsere Kunden sehr wichtig. Das heißt aber nicht, dass ich eine generelle UVP für Bestattungsdienstleistungen und Produkte mit einer direkten Umstellung bzw. harten Einführung sinnvoll finde.

Das Thema lässt sich nicht ohne einen historischen Abriss erörtern. Früher rechnete der Bestatter über die eine Position „Sarg“ alle erbrachten Leistungen mit einer Gesamtsumme von, sagen wie mal 4000,- D-Mark, ab. Mit der Abschaffung des gesetzlichen Sterbegelds 2004 wurden die Beerdigungskosten von der Versicherung auf die Angehörigen abgewälzt. Dabei empfand man es vielleicht als pietätlos der trauernden Witwe das zweistündige Gespräch in Rechnung zu stellen.

So wurde die Abrechnungsmethode über die Produkte fortgeführt. Erst nach und nach setzten sich Bestattungsunternehmen dafür ein, dass ihre Dienstleistungen entsprechend honoriert werden.

Wir geben unseren Kunden immer eine detaillierte Übersicht und Erklärungen über Dienstleistungen, Preise und Qualität der Produkte. Denn es gibt natürlich einen Unterschied zwischen dem handgefertigten Eichenholzsarg, der in Deutschland hergestellt wurde und dem sehr ähnlich aussehenden Eichenholzsarg, der industriell im Ausland produziert wurde.

Für den Kunden ist der Preisunterschied erst mit der entsprechenden Erklärung ersichtlich. Am Ende trifft der Kunde seine Wahl und wir unterstützen ihn bei all seinen Entscheidungen.

Auf der Rechnung sollten dann später alle Posten detailliert aufgelistet sein, so dass sie von den Angehörigen nachvollziehbar sind. Das heißt auch, schwammige Begriffe und Umschreibungen wie „sonstige Dienstleistungen“ zu vermeiden. Es hat auch einen Vorteil für Folgeaufträge, wenn der Kunde dann zu dir sagt: „wie bei Vattern vor 2 Jahren“.

Am Ende ist der UVP also ein erstrebenswertes Ziel, setzt aber viel Verständnis und eine genaue Differenzierung seitens der Bestatter, aber auch der Angehörigen und Verbraucherinitiativen voraus. Der Sarg darf nicht „der Sarg“ sein, sondern das Modell und dessen Parameter müssen klar sein. Dann macht ein UVP zum Vergleich verschiedener Särge und verschiedener Anbieter potentiell Sinn.

 

Was ist in für dich die wichtigste Errungenschaft der Digitalisierung?

Mein Smartphone. Der große Vorteil ist, dass ich auch von einem Hausbesuch aus darauf zugreifen kann und kann so direkt verschiedenste Dinge erledigen. Außerdem benutzen wir es, um auf Trauerfeiern Musik abzuspielen. Die richtige Auswahl an Musik spielt auch eine wichtige Rolle und ist so sehr einfach. Da ich persönlich gerne mit Apple arbeite, nutzen wir dafür die verschiedenen Angebote, wie iTunes, iCal als Kalender, Kamera zum Scannen etc. Und man kann mit den Dingern sogar telefonieren…

Interview mit Bestatterin Janna Schaarschmidt: „Ich bin achtsamer mit mir und meinem Körper“

Auch wenn das Bild des konservativen, männlichen Bestatter über fünfzig weit verbreitet ist, wird es nicht der vielschichtigen Realität der Bestattungsbranche gerecht. Auch viele Quereinsteiger und auch junge Bestatter, die nicht aus Familienbetrieben kommen, haben in dem weiten Feld der Bestattungsbranche ihren Platz gefunden. Darunter auch zunehmen junge Frauen, die sich jedoch ihren Platz und damit auch den Respekt ihrer Kollegen, härter verdienen müssen.

Wir waren bei der jungen Bestatterin Janna Schaarschmidt zu Besuch, die sich im Oktober 2016 mit ihrem eigenen Beerdigungsinstitut Schaarschmidt Bestattungen in Hamburg Barmbek selbstständig gemacht hat- und das sehr erfolgreich. Mit ihr haben wir über die Rolle des Geschlechts, Achtsamkeit und Trends in der Bestattungsbranche gesprochen.

 

Wie bist du zum Beruf der Bestatterin gekommen?

Janna Schaarschmidt Bestatterin

Janna Schaarschmidt Bestatterin

Das war noch zu Schulzeiten, als ich in der zehnten Klasse war und wir alle begannen uns zum ersten Mal so richtig mit unseren Berufswünschen auseinanderzusetzen. Ursprünglich wollte ich bei der Kripo arbeiten, aber wie es der Zufall wollte, hatte ich die Möglichkeit bei einem Bestatter eine Woche lang ein Praktikum in den Schulferien zu machen.

Da der Betrieb mir dann einen Ausbildungsplatz angeboten hat und es mir dort gut gefallen hatte, habe ich das Angebot angenommen. Wobei ich vorher noch mal bei einer Versorgung dabei war, um zu schauen, ob ich auch mit dem schwierigsten Teil des Berufes klar komme. Als ich diese „Probe“ dann bestanden hatte, habe ich zugesagt. Also alles ohne große Vorgeschichte oder Hindernisse. Es hat sich alles sehr gut für mich gefügt.

 

Wann war dir klar, dass du dich als Bestatterin selbstständig machen möchtest?

Eigentlich war mir schon zu Beginn der Ausbildungszeit klar, dass ich irgendwann mein eigenes Bestattungshaus gründen möchte. Ich hatte schon von Anfang an ganz viele Ideen, die ich gerne selbst umsetzen wollte. Zwar habe ich in guten Betrieben gearbeitet, aber wenn man es selbst macht, weiß man wofür man es macht.

Nach der Ausbildung habe ich allerdings bewusst in unterschiedliche Bestattungshäuser geschaut, um Erfahrungen zu sammeln und meine eigene Richtung zu finden. Ich wollte nicht ohne Konzept starten. Diese paar Jahre haben mir ganz genau gezeigt, was ich machen möchte und was auch nicht. So fiel es mir, als es dann soweit war, sehr leicht meine Ideen zu konkretisieren und umzusetzen.

 

Was für Erfahrungen hast du in Bezug auf dein Geschlecht in der Branche gemacht?

Gerade habe ich auf Facebook in einer Bestattergruppe eine Diskussion dazu verfolgt. Es ist schon erstaunlich, was für Vorurteile in der Bestattungsbranche immer noch herrschen.

Ich weiß noch als ich mit einer Kollegin eine Versorgung für einen Abschied am offenen Sarg gemacht habe.Wir standen sehr unter Zeitdruck, da die Aufbahrung schon am folgenden Tag stattfinden sollte. Dazu kamen Kommentare von den männlichen Kollegen, die fest daran glaubten, dass wir das nicht hinbekommen würden.Es war wirklich körperlich anstrengend – keine Frage – aber das Ende vom Lied war, dass wir alles rechtzeitig und gut geschafft hatten und uns Respekt verdient hatten. Die Familie hatte die Möglichkeit, sich von Ihrem Verstorben zu verabschieden. Und das war unser Ziel.

Schaarschmidt Bestattungen Empfang

Schaarschmidt Bestattungen Empfang

Wenn man erstmal „bewiesen“ hat, dass man es kann, wirkt das Wunder.

Eine andere Situation hatte ich vor kurzem mit einer Lieferantin, die auf meine Vision qualitativ hochwertige Bestattungen zu fairen Preisen anzubieten nur Skepsis und sogar fast Mitleid für mich übrig hatte. So in der Art „Kleines, du wirst schnell merken, dass das nicht funktioniert“. Da ich nun schon seit Monaten bei ihr bestelle und sie merkt, dass es bei mir gut läuft, ist sie zurückgerudert. Auch hier musste ich erstmal „beweisen“ dass ich es als junge Bestatterin mit einem eigenen Bestattungsinstitut „drauf hab“.

Ich muss souverän und professionell arbeiten. Dann gebe ich denjenigen die tratschen wollen keine Angriffsfläche. Also versuche ich meinen Weg zu gehen und mich nicht von anderen unter Druck setzen zu lassen.

 

Wie ist dein Rat für Frauen, die Bestatterin werden wollen?

Auf jeden Fall nicht unterkriegen lassen! Man braucht aber auch eine gehörige Portion Selbstbewusstsein und ein dickes Fell. Viele Dinge darf man einfach nicht persönlich nehmen. Kollegen, die reden, wissen ja gar nicht, was für eine Person du privat bist. Sie sehen dich als Bestatterin und beziehen alles, was du tust, auf das Berufsbild bzw. auf das Merkmal „weibliche Bestatterin“. Aber eine Person lebt ja eben nicht nur in seiner Funktion, sondern die Persönlichkeit setzt sich aus vielen andere Dingen zusammen, in die die Kollegen gar keinen Einblick haben.

Ich glaube, dass man aber auch viele Vorteile als Frau in dem Beruf hat. Ich kann als Frau sehr gut delegieren, meine eigenen Kräfte einschätzen und gegebenenfalls daran arbeiten oder andere beauftragen, wenn ich denke, dass ich es alleine nicht schaffe. Es gibt überhaupt keinen Grund sich dafür zu schämen. Das heißt ja auch, dass ich achtsamer mit mir und meinen Körper bin. Ich habe nicht das Bestreben meine Grenzen zu übertreten, nur um zu beweisen, dass ich etwas kann.

 

Apropos Achtsamkeit. Wie sieht es mit der Work-Life-Balance bei dir aus?

Natürlich kommt das Privatleben im Moment kurz. Aber ich stehe ja auch noch ganz am Anfang und möchte mich nicht beklagen. Ich bin glücklich, dass ich so gut zu tun hab.

Wenn ich ein bisschen Zeit habe, teile ich diese am Liebsten mit meinen Freunden und meiner Familie. Dann kochen wir zusammen oder ich versuche einen Kurzurlaub unterzubringen. Manchmal reicht schon ein Wochenende am Meer. Allerdings muss ich natürlich immer damit rechnen, durch einen neuen Sterbefall zurück geholt zu werden.

Beratungsraum Schaarschmidt Bestattungen

Beratungsraum Schaarschmidt Bestattungen

Am Ende ist es aber alles eine Einstellungssache. Ich akzeptiere, dass das zu meinem Beruf gehört. Versuche aber dennoch, mir meine Freizeit zu nehmen und sie gut zu gestalten. Von daher ist Work-Life-Balance für mich schon wichtig, aber nur im Rahmen des auch Machbaren.

Zudem wusste ich vor Beginn meiner Selbstständigkeit, dass sich durch die eigene Firma Einiges ändern wird in meinem bzw. unserem Leben. Darüber haben wir vorher viel gesprochen und nachgedacht und uns dann für den Schritt entschieden.

 

Wo stößt du an deine Grenzen?

Wo ich immer wieder mal an meine Grenzen stoße sind rechtliche Dinge, beziehungsweise, wie „besondere Fälle“ gehandhabt werden. In Deutschland gibt es sehr strenge Regularien rund ums Thema Bestattung, die dann oft auch landesweit unterschiedlich geregelt sind. Da fehlt mir manchmal das Verständnis.

Außerdem ist es manchmal auch innerhalb der eigenen Reihen schwer Veränderungen durchzusetzen. Die Uhren laufen hier langsamer. Man muss sich immer erst beweisen, um Vertrauen kämpfen, um Änderungen durchzusetzen. Das hat natürlich auch mit dem Alter der Entscheidungsträger zu tun. Und auch die nachfolgende Generation braucht noch ihre Zeit, denn auch sie müssen noch um Vertrauen kämpfen und sich beweisen.

 

Wie müssen sich Bestatterinnen, deiner Meinung nach, für die Zukunft aufstellen?

Ich glaube, dass es nicht nur thematisch wichtig ist, sich gut für die Zukunft aufzustellen, sondern auch auf mentaler und körperlicher Ebene. Ein Thema ist dabei Achtsamkeit, worüber wir ja schon ein bisschen gesprochen haben. Ich muss gut für mich und meinen Körper sorgen, damit ich auch noch in 10 bis 20 Jahren meine Arbeit noch machen kann. Deshalb ist es so wichtig, sich einerseits einen privaten Ausgleich zu suchen und andererseits auch seinen Körper zu trainieren und zu pflegen. Deshalb versuche ich so oft wie möglich Sport zu machen und mir Hilfe zu suchen, wenn ich an meine Grenzen stoße.

Schauraum Bestattungen Schaarschmidt

Schauraum Bestattungen Schaarschmidt

Ein anderes wichtiges Thema ist Offenheit. Die Digitalisierung ist in vollem Gange. Doch merkt man das im Bestattungswesen kaum. Anmeldungen werden z.B. immer noch per Fax an den Friedhof gefaxt und es entsteht immer noch eine Menge Papierkram. All das lässt sich für mich nicht mit modernen Leben und Arbeiten vereinen.

Auch dem Thema Digitaler Nachlass wird meiner Meinung nach, noch viel zu wenig Beachtung geschenkt. Wenn ich einen Fall habe, bei dem ein junger Mensch beteiligt ist, frage ich explizit nach, ob es ein Thema ist oder war. Und das Thema Digitales Erbe wird natürlich noch an Bedeutung gewinnen.

Auf Dauer kann es sich kein Bestatter leisten, die Augen vor neuen Entwicklungen zu verschließen. Auch wenn alles etwas langsamer vonstatten geht, muss man sich fragen, wohin der Trend geht und darf nicht ganz stehen bleiben. Ich finde hier passt das Zitat von Schiller gut „wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“

 

Vielen Dank, Janna!

 

 

Interview mit Bestatter Nico Sobotta: „Die Branche kann ein verdammtes Haifischbecken sein“

Der Beruf des Bestatters avanciert zu einem Trend-Beruf. Immer mehr junge Männer und Frauen entscheiden sich bewusst für die Arbeit mit dem Tod. Da gibt es jene, die irgendwann den Familienbetrieb übernehmen wollen, aber auch die, die eine persönliche Geschichte zum „Traumberuf“ Bestatter geführt hat.

Nico Jan Sobotta ist so einer. Der junge Bestatter hat sich mit dem Trauerhaus Sobotta in Essen selbstständig gemacht und sich damit einen Traum erfüllt. Doch der Sprung in die Selbstständigkeit ohne den Erfahrungsschatz und stabilem finanziellen Hintergrund eines Familienbetriebes, ist nicht immer ganz einfach.

Wir haben mit der Essener Frohnatur über Konkurrenzdruck in der Bestattungsbranche, Tipps für die Selbstständigkeit und die zentrale Rolle von Marketing für Bestattungsinstitute gesprochen.

 

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Nico Sobotta vom Trauerhaus Sobotta bei einer Aktion der Sendung mit der Maus

1. Du hast in der Ober- und Landesliga Fußball gespielt und in der Medienbranche gearbeitet. Wie und wann bist du zum Beruf des Bestatters gekommen?

Es gab eine Zeit nach dem Abitur in der ich gut vom Fußballspielen leben konnte, meistens habe ich aber noch nebenbei als Barkeeper oder Promoter gearbeitet, einfach weil es mir Spaß macht unter Leuten zu sein und andere für eine Sache zu begeistern. Irgendwann habe ich dann auch bei einem Freund, der ein Bestattungsinstitut in der Region hat, ausgeholfen. Da habe ich dann sozusagen meine Berufung gefunden. Außerdem haben persönliche (und eher schlechte) Erfahrungen mit dem Bestattungswesen dazu beigetragen, dass ich Bestatter werden und es besser machen wollte.

 

2. Wann wurde dir klar, dass du deinen eigenes Bestattungsinstitut aufmachen möchtest?

Nach der Aushilfstätigkeit bei dem bereits erwähnten befreundeten Bestattungshaus habe ich 2011 mit knapp 23 Jahren die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft angefangen. Schon in den ersten Monaten der Ausbildung bekam ich eine klare Vorstellung von dem, was ich machen wollte. Leider war ich nicht sehr glücklich in meinem Ausbildungsbetrieb. Ganz im Gegensatz dazu, wollte ich ein modernes, offenes und freundliches Trauerhaus aufmachen und mein eigener Herr sein. Außerdem wollte ich einen Ort schaffen, in dem alle Wünsche der Kunden zumindest erhört und, wenn möglich, erfüllt werden – und sei es eine „Motorrad-Beerdigung“. Deshalb ist auch der Leitspruch unseres Trauerhauses: Individualität über den Tod hinaus. Eine Beerdigung sollte so einzigartig sein, wie das Leben des Verstorbenen.

 

3. Gab es auch Momente, in denen du alles hinschmeißen wolltest?

Nein, nicht ernsthaft. Klar, gab es auch mal Probleme. Aber die meisten Probleme sind da, um gelöst zu werden. Allerdings kann die Branche manchmal ein verdammtes Haifischbecken sein – gerade zu jungen und moderneren Bestattern. Ich habe allerhand Seitenhiebe, Sticheleien und auch gezielte Manipulationen einstecken müssen. Aber das hat mich nur noch mehr in meinem Handeln bestärkt. Mein Motto ist: Wenn eine Tür zu geht, geht eine bessere auf.

 

4. Was würdest du jungen Frauen und Männern empfehlen, die BestatterInnen werden wollen, empfehlen?

Auf jeden Fall sollte jeder vorher ein Praktikum oder so machen um in die Arbeit hinein zu schnuppern. Nicht jeder kommt mit den Themen Tod und Sterben klar. Und auch der einfühlsame und respektvolle Umgang mit den Angehörigen, der für mich eine sehr wichtige Rolle spielt, liegt nicht jedem.

 

5. Welche Tipps würdest du BestatterInnen, die sich selbstständig machen wollen, geben?

Auf jeden Fall sollte sich jeder, der ein eigenes Beerdigungsinstitut aufmachen möchte, sehr gut vorbereiten und sich bei Dingen Hilfe holen, die man selbst nicht kann oder vorher noch nicht gemacht hat. Ich habe zum Beispiel mit Hilfe eines Businesscoachs einen Businessplan erstellt.

Auch mit Möglichkeiten der Finanzierung habe ich mich ausführlich auseinandergesetzt.

Nebenbei habe ich mich selbst sehr viel mit den Themen Psychologie und Trauer beschäftigt. Meine Schwester, die Sonderpädagogik studiert hat, habe ich immer die Psychologie Bücher geklaut und dann verschlungen. Das hat mir sehr gut dabei geholfen, mein Gegenüber und seinen sozialen Background besser einzuschätzen und zu erkennen, in welcher Trauerphase sich die Angehörigen gerade befinden. Sich also Dinge anzueignen, die wichtig für den Beruf sind, und die einem in der Ausbildung nicht beigebracht worden sind, finde ich wichtig.

Der wichtigste Rat von allen ist allerdings: sich nicht unterkriegen lassen!

 

6. Welche top 3 Fähigkeiten braucht man als Inhaber eines eigenen Bestattungsinstitutes?

Einfühlsamkeit, Durchhaltevermögen und ganz wichtig: Ideenreichtum. In der Brache ist der Konkurrenzdruck sehr hoch. Deshalb ist es umso wichtiger, eine Nische zu finden und Dinge anzubieten, die andere noch nicht in ihrem Angebot haben. Oder eben Dinge möglich zu machen, die der alteingesessene Bestatter in der Region wahrscheinlich nicht mache würde. Wenn der Vater in seinem geliebten Adidas-Traininganszug beerdigt werden wollte, dann erfülle ich der Familie selbstverständlich diesen Wunsch.

Ich bin immer auf der Suche nach neuen Produkten und versuche immer mit der Zeit zu gehen und neue Trends in der Trauerkultur mit aufzunehmen.

 

7. Welche Rolle spielt für dich Kommunikation & Marketing und woher nimmst du dein Wissen?

Eine sehr große Rolle, ohne das funktioniert es nicht. Man muss dafür sorgen, dass man wahrgenommen wird und darauf achten, wie man wahrgenommen wird. Ich möchte, dass man sich im Trauerhaus Sobotta richtig wohl und gut aufgehoben fühlt und das natürlich auch weitergibt.

Ich habe durch meine früheren Tätigkeiten sehr viele gute Kontakte bekommen und auch einiges an Erfahrung im Bereich Promotion und Marketing sammeln können. Außerdem ist man als junger Mensch ja sowieso mit den sozialen Medien vertraut, so dass ich und das Trauerhaus Sobotta natürlich auch bei Facebook und Co  vertreten sind.

Gerade am Anfang ist es sehr wichtig, viel Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu machen. Ich fahre oft ins Pflegeheim und informiere dort über unsere Vorsorge-Angebote und manchmal habe ich auch einfach nur ein offenes Ohr für die Bewohner.

Toll ist, dass ich meine Tätigkeit super mit sozialen Engagement verbinden kann. Ich engagiere mich ehrenamtlich im Netzwerk Hopes Angels, das Eltern die Sternenkinder erwarten oder bekommen haben, zur Seite steht. Auch weil ich selbst einen kleinen Sohn habe, liegen mir vor allem Projekte für Kinder sehr am Herzen.

Im Oktober letzen Jahres haben wir zum ersten Mal gemeinsam mit „Der Sendung mit der Maus“ die Türen des Trauerhauses für Kinder geöffnet. Zusammen haben wir uns auf kindgerechte Weise dem Thema Leben und Sterben gewidmet.

Da ich sehr verwurzelt in der Region bin, engagiere ich mich auch für regionale Projekte, wie zum Beispiel eine Spendenaktion für Essens Obdachlose.

 

8. Du hast selbst eine kleine Familie. Wie lässt sich die Arbeit im Trauerhaus und das Familienleben vereinen? Gibt es so etwas wie eine „Work-Life-Balance“?

Bisher klappt es super! Ich habe das Glück, dass meine Frau sehr viel Verständnis für meinen Beruf und dass ich 24-Stunden erreichbar bin, hat und auch oft mit anpackt.

 

9. Was ist das wichtigste Tool, Programm, Hardware, das dir in deinem Alltag hilft?

Natürlich in erster Linie mein Handy und mein Computer. Ich finde es auch wichtig, regelmäßig die Unternehmensseite auf Facebook zu pflegen und dass die Homepage stets aktuell ist. Denn heute ist es ja ebenso wichtig, dass man auch online gut gefunden wird und sich ansprechend präsentiert. Manchmal denke ich, dass man da als junger Mensch schon einen Vorteil hat.

 

10. Und jetzt eine abschließende Frage: kannst du dir vorstellen, Pacemo – die moderne Bestattersoftware – für die Sterbefallverwaltung zu nutzen?

Ja, natürlich;-) Das was ich bisher gesehen habe, sieht super aus. Gerade weil die Software nicht installiert werden muss und ich sie von überall nutzen könnte, wäre sie perfekt.

Momentan arbeite ich noch mit Excel-Listen und Word und mit einem kleinen Programm, das mir bei der Rechnungsstellung hilft.

Die kostenlose Testversion von Pacemo lasse ich mir natürlich nicht entgehen und ein kostenreduziertes Angebot für Gründer klingt auch gut.*

 

Vielen Dank, Nico Sobotta vom Trauerhaus Sobotta, für das nette Gespräch und alles Gute!

 

*Anmerkung der Redaktion: Seit dem 01.01.2017 haben wir für Gründer und Jungunternehmer der Bestattungsbranche ein spezielles und kostenreduziertes Angebot. Sprechen Sie uns einfach an: 040/22866077

Interview mit Bestatter Timo Krüger: „Ich wünsche der Branche mehr Offenheit“

Bestatter werden kann eigentlich Jeder, so sagt man. Ein Grund, warum es eine zunehmende Zahl von Quereinsteiger in der Branche gibt. Dennoch sind die meisten Bestattungsunternehmen immer noch Familienbetriebe, in denen die Männer mehrerer Generationen in den Beruf hineingeboren werden. Viele entscheiden sich aber auch ganz bewusst für das Berufsbild des Bestatters. 

Einer von Ihnen ist Timo Krüger von Bestattungen E. Leverenz. Wir haben mit ihm über Trends und Befürchtungen rund ums Thema Digitalisierung und Wandel in der Bestattungsbranche gesprochen und waren ziemlich schnell beim Du.

Wie bist du zum Beruf des Bestatters gekommen?

Ich selbst bin, wie viele andere in der Branche, durch meine Eltern mit den Beruf in Berührung gekommen. Mein Vater ist 2002 als Mitinhaber in das Bestattungsinstitut Leverenz eingestiegen, nachdem er zuvor schon bis Ende der Achtziger Jahre in der Bestattungsbranche tätig war. Damals war ich allerdings noch zu jung, um davon viel mitzubekommen. Daher wurde mir der Beruf nicht „in die Wiege gelegt“, sondern ich kam auch erst ab 2002 damit in Berührung. Ich habe dann als Jugendlicher in den Ferien hin und wieder mal ausgeholfen. Ab da war für mich aber relativ schnell klar, dass dies durchaus eine Art „Traumberuf“ für mich sein könnte.

Daher habe ich mich nach der Schule 2005 für die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft entschieden, die ich in einem Braunschweiger Bestattungshaus absolviert habe. Die Ausbildung hat mir auch sehr gefallen, trotzdem wollte ich mich noch weiter ausprobieren. Also begann ich zunächst ein Studium, welches mich zurück nach Hamburg brachte. Wie es der Zufall wollte, suchte Leverenz 2010 gerade einen Mitarbeiter, so dass die Entscheidung für mich schnell fest stand.

Wir haben uns gefragt, was du als junger Bestatter in der Branche für Entwicklungen beobachtest?

Es tut sich etwas. Ich glaube, die Branche öffnet sich langsam. Sowohl nach außen, als auch innerhalb der Branche findet eine Öffnung statt.

Heutzutage ist es ganz normal, mit den Angehörigen vorab über Preise zu sprechen und Kostenaufstellungen zu erstellen. So etwas war früher doch eher die Ausnahme. Dadurch wird auch mehr kommuniziert, was wir als Bestatter eigentlich genau machen. Viele Teile der Bevölkerung haben ja doch eine recht schwammige Assoziation mit dem Beruf des Bestatters. Das Bild in der Öffentlichkeit ist eher geprägt durch das Bild des Bestatters zum Beispiel aus Lucky Luke. Dies hat aber natürlich mit unserer täglichen Arbeit recht wenig zu tun.

Auch untereinander ist der Austausch reger geworden. Wenn ich mich in meiner Generation so umschaue, dann findet doch zwischen Vielen ein reger Austausch statt, von der alle profitieren. Der Eigenbrötler, der vor sich hinwurschtelt, und sich nicht in die Karten schauen lassen möchte, ist da mittlerweile eher in der Unterzahl.

 

Der Klassiker ist immer noch der Familienbetrieb. In letzter Zeit haben sich aber auch Quereinsteiger einen festen Platz in der Branche gesichert. Welches Modell wird zukünftig die Regel sein?

Das ist natürlich schwierig vorherzusagen. Es gibt zwei Meilensteine, die zu mehr Offenheit gegenüber dem Beruf des Bestatters und somit zu einer Öffnung der Branche geführt haben. Zum einen, weil es seit 2003 nun endlich ein anerkannter Ausbildungsberuf ist, zum anderen auch durch das verstärkte Interesse der Medien. Das führt dazu, dass immer mehr Menschen den Beruf wählen, die klassischerweise nicht aus alteingesessenen Bestatterfamilien stammen.

Wichtig finde ich, aus welchen Beweggründen dies geschieht. Sieht jemand diesen Beruf als Berufung, ist es relativ egal, ob er ein ausgebildeter Bestatter oder ein Quereinsteiger ist. Ist er dagegen der Meinung, in der Bestattungsbranche lässt sich leicht viel Geld verdienen, so sollte er sich hinterfragen, ob dies moralisch der richtige Beweggrund ist, um diesen Beruf zu ergreifen.

Aber allgemein ist frischer Wind immer gut, und Erfahrungen aus anderen Berufszweigen können der Branche allgemein helfen, sich weiterzuentwickeln. Ich glaube, es wird eine weitere Diversifizierung des Angebotes stattfinden. Vom klassischen Familienbestattter, über Quereinsteiger, die ihre Schwerpunkte vielleicht mehr auf die Trauerbegleitung legen, oder auf sogenannte „alternative Bestattungen“. Wobei dies häufig auch eher ein Kommunikationsproblem der alteingesessenen Betriebe gegenüber dem Kunden ist. Denn in der Regel bekommt man auch dort all das, womit viele Quereinsteiger lautstark werben. Der Kunde weiß es nur häufig nicht, weil der Bestatter es nicht gut genug kommuniziert hat.

Ein von der Bestattungsbranche kritisch beäugter Trend sind die Internetbestatter. Verschlafen die regionalen Bestattungshäuser gerade die Digitalisierung?

Eine Bestattung gehört nach wie vor zu den persönlichsten Dienstleistungen, die es gibt. Daher ist hier auch die Schwelle der Kunden besonders groß, auf die persönliche Beratung zu verzichten und die Beisetzung online in Auftrag zu geben.

Außerdem setzen viele Angebote im Internet momentan nur auf den Preis und wirken in meinen Augen nicht gerade seriös. Dies führt zwangsläufig dazu, dass auf Dinge wie den Umgang mit den Verstorbenen oder die hygienische Versorgung und das Ankleiden weniger Wert gelegt werden. Der Kunde bekommt von diesen Dingen ja auch in der Regel nichts mit und fragt häufig nicht nach. Hier ist es auch unsere Aufgabe, Aufklärungsarbeit zu leisten.

Mit Blick auf andere Branchen im Einzelhandel sollten wir aber damit rechnen, dass auch diese Schwelle irgendwann fallen wird. Ob in den nächsten 5 oder 10 Jahren, kann ich nicht sagen.

Regionale Bestatter sollten daher die Entwicklung im Internet auf jeden Fall im Auge behalten um gegebenenfalls schnell reagieren zu können. Andernfalls besteht tatsächlich die Gefahr, wichtige Trends zu verschlafen bis es zu spät ist.

 

Die wichtige Frage ist also: warum „hinkt“ die Branche so hinter her?

Ob die Branche wirklich hinterherhinkt, ist ja die Frage. Die Bestattungsbranche wird auch von Seiten der Kunden sehr traditionell behandelt. Viele Neuerungen von der Bestatterseite werden von den Angehörigen oft erst viel später angenommen. Ein Beispiel ist der Trauerdruck oder Gedenkseiten. Und das liegt natürlich auch am fortgeschrittenen Alter der Verstorbenen und deren Konfessionen und Traditionen. Es gibt eben sowohl regional als auch religiös beeinflusst viele Bräuche und Riten, welche sich, wenn überhaupt, eben nur langsam ändern.

Außerdem spricht die Mehrheit der Bevölkerung immer noch nicht gern über die Themen Tod und Sterben. Zumindest bevor es einen nicht selbst betrifft. Das sind viele Hürden und Bremsen für eine schnellere Entwicklung der Branche. Andere Branchen hatten es da viel leichter.

Wobei ich diese „Langsamkeit“ nicht unbedingt negativ finde. Um uns herum wird gefühlt jeden Tag alles ein wenig schneller, Althergebrachtes wird von einem Tag auf den anderen über den Haufen geworfen und viele kommen gar nicht mehr hinterher. Da ist eine gewisse Entschleunigung sicher nicht verkehrt. Man sollte sich nur nicht dadurch einlullen lassen und trotzdem versuchen, wachsam zu bleiben um sowohl Chancen als auch Risiken rechtzeitig zu erkennen.

 

Was würdest du jungen Frauen und Männern empfehlen, die BestatterInnen werden wollen, empfehlen?

Tut’s nicht! (lacht laut auf). Die Frage, die sie sich stellen sollten ist: warum will ich Bestatter werden? Gefällt mir die Beratung, die Versorgung oder die Begleitung am besten? Der Beruf ist sehr vielfältig, Ich denke, dass man sich einfach sehr gut aufstellen muss, offen für Neues und immer nach rechts und links schauen sollte. Man sollte aber auch eine klare Haltung einnehmen, sich fragen was für ein Bestatter möchte ich sein? Und was ist meine Motivation hinter der Berufswahl?

 

Wie unterscheidet sich deine Arbeit heute von der z.B. deines Vaters, vor allem in Bezug auf die Tools und Programme, die du nutzt?

Natürlich benutze ich heute andere Hilfsmittel und Werkzeuge, um zu einem Ergebnis zu kommen, als es vor 20 Jahren der Fall war.  Wir nutzen heute die Programme, die wir teilweise schon hatten, intensiver und effektiver.

Die Papierkataloge wurden durch iPads ersetzt, durch Smartphones und cloudbasierte Telefonanlagen hat sich auch viel an der Arbeitsweise geändert.

Auch die Möglichkeiten bei den Trauerdrucksachen haben sich natürlich stetig erweitert. Oder Bilder der Verstorbenen, die wir auf den Trauerfeiern aufstellen. Diese können wir heute selber erstellen, ohne auf die Hilfe eines Fotografen oder Copyshops angewiesen zu sein.

Die Möglichkeiten sind heute natürlich vielfältiger, sich auch dadurch voneinander abzuheben. Allerdings sind einige Sachen dadurch auch komplexer und vielleicht sogar stressiger geworden. Heute erwarten die Angehörigen nicht nur ständige telefonische Erreichbarkeit, die für uns sowieso alltäglich ist, sondern schicken auch Emails, erwarten zu jeder Zeit eine sofortige Kostenaufstellung und dergleichen.

Und am Ende ist es nicht so wichtig, welche Werkzeuge wir einsetzen, was zählt ist nach wie vor das Ergebnis. Und natürlich der persönliche Umgang mit den Angehörigen. Wir dürfen bei aller Professionalität und Digitalisierung nie das Zwischenmenschliche aus den Augen verlieren. Wenn die Angehörigen uns und unserer Arbeit nicht vertrauen, nützen die tollsten Programme genau gar nichts.

 

Und nun eine abschließende Frage. Was wünscht du der Bestattungsbranche?

Mehr Offenheit. Ich glaube, dass Bestatter für die Zukunft gut aufgestellt sind, wenn sie sich weiterbilden und die Ohren und Augen in Richtung anderer Branchen offenhalten. Außerdem sollten sie sich eine Marketing- und Kommunikationskompetenz ins Boot holen, wenn sie es selbst nicht können oder schaffen.

Und allgemein einfach mehr kommunizieren. Mit anderen BestatterInen, aber auch nach „draußen“, mit ihren Kunden. Dass muss gar nicht marktschreierisch oder morbide sein, sondern pietätvoll, interessant und aufklärend. Die Branche muss einen Weg finden, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, auch wenn gerade kein Todesfall in der Familie eingetreten ist. Der Tod gehört zu unser aller Leben, wird jedoch meist ignoriert und verdrängt, bis es zu spät ist. Dieses Schweigen gilt es zu brechen.

 

Vielen Dank, Timo Krüger für das Gespräch!